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Tuesday, May 19, 2009

PORTRÄT Ben Patterson wird 75 - ein Gespräch über Fluxus, Flügel und Obama-Fans

Kiste mit 1000 Ideen

PORTRÄT Ben Patterson wird 75 - ein Gespräch über Fluxus, Flügel und Obama-Fans

Vom 19.05.2009




Spiel´s noch einmal, Ben: Fluxus-Pionier Patterson am Klavier in "Ben´s Bar" im Nassauischen Kunstverein. Foto: RMB/Heiko Kubenka

Von
Birgitta Lamparth

WIESBADEN. Die Sache mit dem Flügel. Auch fast 50 Jahre nach der spektakulären Aktion im Wiesbadener Museum ist es das, was viele mit der Geburtsstunde von Fluxus verbinden. Die Bilder des ramponierten Flügels gingen damals durch die Presse: Eine Gruppe junger Leute schlug wie wild auf das Instrument ein. "Mit Sägen und Hämmern", erinnert sich Ben Patterson. Er war einer dieser jungen Wilden. Am 29. Mai wird er 75.

Eigentlich, sagt er heute rückblickend, eigentlich war "die Sache mit dem Flügel so gar nicht geplant". Es sollte eine Komposition von Philipp Corner aufgeführt werden, "Piano Activities". Und dazu zählte es, mit außergewöhnlichen Methoden Klänge zu erzeugen.ATELIERBESUCHWie außergewöhnlich die Methoden waren, das zeigte sich erst, als das Instrument in Stücke gehauen war. Wie reagierte damals das Publikum? "Manche waren amüsiert, manche schockiert," sagt Patterson. Schließlich war das ja ein "heiliges Instrument - obwohl es ein schlechter Flügel war."

An einem Instrument treffen wir uns auch an diesem Morgen zum Gespräch: Am Klavier in seiner Installation "Ben´s Bar" im Nassauischen Kunstverein. Patterson lebt seit Anfang der 90er fest in Wiesbaden, war vorher einige Jahre lang stellvertretender Kommissar für Kultur in New York. Seit Jahrzehnten ist der 1934 in Pittsburg/Pennsylvania geborene studierte Kontrabassist auch durch seine hintersinnigen und ironischen Installationen und Performances international bekannt. Im Kunstverein sind einige von ihnen derzeit durch die Fotografien von Elfie Kreiter dokumentiert.

Damals aber, an jenem folgenreichen Septemberwochenende im Jahr 1962 im Museum, da war es vor allem der Kontrabassist Patterson, der eingeladen war zu dem Happening. Tat es ihm als Musiker damals nicht leid um den Flügel? Nein, sagt Patterson entschieden. Aber das Thema war damals doch sicher nicht, schlechte Instrumente zu beseitigen - was war der Sinn dieser Aktion? "Die Zerstörung war ein Befreiungsschlag: Sie repräsentierte den Bruch mit der Vergangenheit und eröffnete die Möglichkeit, etwas ganz Neues zu erschaffen."

Was genau dieses Neue war, dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen. Denn Fluxus ist wie sein Name: Fließend und schwer fassbar. "Unter diesem Regenschirm sind viele sinnliche Aktivitäten zusammengefasst", sagt Patterson. "Das war mehr ein Geist, der offen war zum Experiment." An zwei Wochenenden wurden damals insgesamt 14 Programme in Wiesbaden vorgestellt, von Musik Konkret aus Paris bis zu Poems der Beat-Generation. Dass diese Aktionen einmal zu "Fluxus" zusammengefasst würden, das war den Künstlern und Musikern noch nicht klar. "Neo-Dada" - davon war damals die Rede.

Laut Patterson war Fluxus zunächst einmal der Titel einer Zeitschrift, die George Maciunas herausgeben wollte. Zu Promotionszwecken dieser Zeitschrift hatte er das Festival in Wiesbaden organisiert - Maciunas war damals als Grafiker in Erbenheim stationiert. Er stammte aus Litauen, "und Fluxus bedeutet auf litauisch soviel wie Freiheit".

Patterson hatte Maciunas über den Künstler Emmet Williams kennengelernt, als er für ein paar Jahr in Köln lebte, um dort in elektronischen Musikstudios zu arbeiten. In Wiesbaden traf er dann Künstler und Kunstexperten, die heute allesamt bekannt sind - wie Bazon Brock oder René Block, wie Dick Higgins, Wolf Vostell und Nam Junge Paik. Letzterer ist in die Kunstgeschichte als Vater der Videokunst eingegangen, "ohne ihn hätte es alles Nachfolgende in dieser Kunstrichtung gar nicht gegeben", ist Patterson sich sicher.

Und Dick Higgins ist es zu verdanken, dass Fluxus ganz nah ans Weiße Haus heranrückt: Der neue US-Sekretär für Sozialfragen, Joe Reinstein, ist verheiratet mit der Tochter von Hannah und Dick Higgins. Und die haben wiederum drei Arbeiten von Ben Patterson, erzählt der Künstler. Ist er denn umgekehrt auch Obama-Fan? "Ist nicht die ganze Welt Obama-Fan?" fragt er lächelnd zurück.

Diese Woche ist er selbst wiede in den USA, sein Sohn heiratet. Und nächste Woche feiert er seinen "runden" Geburtstag. Gibt es besondere Wünsche? "Natürlich die Gesundheit, noch vieles aus meiner Kiste mit 1000 Ideen verwirklichen zu können", sagt Patterson. Und noch ein Wunsch: Dass die Retrospektive seiner Arbeiten, die 2010 im Contempory Arts Museum Houston startet, danach in New York zu sehen ist und im Anschluss auch nach Europa kommen soll, dass diese Ausstellung auch hier zu sehen sein wird, in Wiesbaden. Wo vor fast 50 Jahren alles zu fließen begann...

source : Wiebadener Tagblatt

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