Freiheit, Fluxus und Feuer – Eine kurze Abhandlung über Kunst im Fernsehen
Als David Sarnoff, damals Chef der RadioCorporation of America, 1939 in seiner Rede zum Beginn des amerikanischen Fernsehprogramms von der „Geburt einer neuen Kunst“ (Simmons 1983, S. 14) sprach und es 14 Jahre später auch in Deutschland hieß „Das Fernsehen ist schon heute eine Kunst. Es wird mit Gewißheit die Kunst von morgen sein“ (Eckert 1953, S. 102 ), wurde die Hoffnung erweckt, dass bildende Kunst, Literatur und Theater nun endlich eine neue Plattform und sogar eine neue mediale Präsentationsform im Fernsehen gefunden hätten – jedweder Skepsis vonseiten der Kulturkritik zum Trotze.
Avantgardisten aus aller Welt, allen voran die Mitglieder der Fluxus-Bewegung wie Nam June Paik, Wolf Vostell oder Joseph Beuys, versuchten seitdem eine Möglichkeit zu finden, wie das neue Medium als experimenteller Distributionskanal für Kunst genutzt werden kann. Die Ergebnisse ihrer Bemühungen waren meist einmalige Kooperationen von Künstlern und Fernsehmachern wie Black Gate Cologne (1968), die Fernsehgalerie (1969) oder der Kunstkanal (1989) – eine längerfristige Produktion scheiterte entweder an dem Missfallen der Programmverantwortlichen oder an der Einschaltquote, „dem verborgenen Gott dieses Universums“ (Bordieu 1998, S. 33 ). Eben jenes Instrument der Programmregulierung sorgte in der Folgezeit schließlich dafür, dass experimentelle Fernsehkunstformate in das Programm der Offenen Kanäle und Spartensender verbannt wurden und eine Kunstpräsentation zunehmend im Rahmen von Bulletins und Dokumentationen stattfand (Vgl. Holtmann 2008, S. 187ff.). Was bleibt, ist das dumpfe Gefühl, dass sich David Sarnoff schlicht und ergreifend geirrt hat und es ganz so aussieht, als ob das Fernsehen nie eine eigene Kunstform entwickeln wird, da das ganze TV-Programm im Jahre 2012 n. Chr. von aufmerksamkeitsheischenden Formaten besetzt wird. Das ganze TV-Programm? Nein! Ein von unbeugsamen Studenten bevölkertes Fernsehteam hört nicht auf, dem Fernsehkunst-Embargo Widerstand zu leisten. Und siehe da, sie sind nicht allein: Während sich mit Phase 3 – video.kunst.zeit (BR-alpha) und Souvenirs from Earth (digitaler TV-Sender) neue Plattformen für Videokunst im Fernsehen entwickelt haben, setzt man sich bei west.art Meisterwerke (WDR) und in den Wiederholungen des TV-Erfolges 1000 Meisterwerke (u.a. 3sat) intensiv mit klassischen Gemälden und modernen Installationen auseinander. Und wem das nicht reicht, der muss einfach nur zwischen 3 und 4 Uhr nachts den Kinderkanal Super RTL einschalten: Das dort gezeigte Kaminfeuer ist eigentlich nichts anderes als die Adaption von Jan Dibbets „TV as a fireplace“ aus dem Jahr 1969. Jedenfalls zur damaligen Zeit galt das als ganz große Fernsehkunst...
Labels: Fluxus, Television
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