George Brecht died today.
George Brecht auf einem Archivbild aus dem Jahr 1959
Obit: George Brecht
6 December 2008
The Fluxus artist just died in a retirement home in Cologne at the age of 82 years, according to this short article from the Kölner Stadt-Anzeiger.
Fluxus-Künstler George Brecht ist tot
Von Frank Frangenberg, 05.12.08, 13:11h, aktualisiert 05.12.08, 21:37h
Der in New York geborene Künstler, der eigentlich George MacDiarmid hieß, starb am Freitagmorgen im Alter von 82 Jahren in einem Kölner Altersheim. Er lebte seit vielen Jahren im Rheinland.
George Brecht auf einem Archivbild aus dem Jahr 1959.
George Brecht auf einem Archivbild aus dem Jahr 1959.Die weltweit gefragtesten Künstler listet regelmäßig der „Kunstkompass“ auf. Die vorderen Plätze belegen seit Jahren die Kölner Gerhard Richter, Sigmar Polke und Rosemarie Trockel. Einer der einflussreichsten Künstler unserer Zeit, dazu noch Kölner, ist nie auf dieser Liste aufgetaucht. Er lehne jegliche Form von Wettbewerb in den Künsten ab, hielt der Wahlkölner George Brecht im Gespräch mit dieser Zeitung zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2006 fest. Er lebte seit Jahrzehnten unter uns und kaum jemand wusste davon. Lediglich eine unscheinbare Plakette kündete an seinem Haus von seiner Gegenwart. Doch am Freitag hat uns George Brecht, der letzte der großen Fluxuskünstler, im Alter von 82 Jahren verlassen. Künstler könne man nicht vergleichen, meinte er. Er zumindest war unvergleichlich.
In seiner Arbeit „The Brunch Museum“ aus dem Jahr 1974 betrauert George Brecht den tragischen Tod seines Alter Ego W. E. Brunch, es sei ein großer Verlust für „Brecht & Macdiarmid Research Assodates“. Brecht versammelt einige kleine Objekte - „diese Handschuhe erhielt Brunch von seiner Mutter im Jahr 1909“, eine Haarlocke und Steine, „die von Brunch für ein selbst erfundenes Spiel benutzt wurden“ - und feiert in eloquenter Brillanz dessen beste Eigenschaften. Es werden seine eigenen gewesen sein: Brunch habe die „aktive Teilnahme des Betrachters“ verlangt um die Wesensart der Kunst zu erforschen und „die Wirklichkeit vom Standpunkt der Wissenschaft, des Glaubens und der Intuition aus wahrgenommen“.
Fluxus heißt die künstlerische Bewegung, der sein Freund George Maciunas zu Beginn der 1960er Jahre den Namen gibt. Sie verspricht nicht still stehen zu wollen, Fluxus ist Spaß und Fluxus ist einfach. Fluxus lebt im Augenblick. Im Jahr 1956, in New York hängt das erste MAD-Magazin mit dem Kindergesicht von Alfred E. Neumann an den Kiosken, und in Köln bringt Karlheinz Stockhausen seine „Jünglinge im Feuerofen“ zur Uraufführung, arbeitet George Brecht an seinem grundlegenden Text „Chance-Imagery“, einer Geschichte des Zufalls in der Kunst des 20. Jahrhunderts vom Dadaismus und Surrealismus bis hin zu John Cage und Jackson Pollock und entwickelt eine Methode zur Produktion tatsächlich zufallsbestimmter Gemälde: Er spritzt Tinte auf Leinen und bearbeitet die Tücher im Trockner.
George MacDiarmid studiert zunächst Chemie, seinen Nom de Guerre „Brecht“, eine Referenz an den deutschen Dichter Bertolt Brecht, legt er sich zu als er im Schwarzwald als Soldat stationiert ist, und arbeitet als Wissenschaftler erfolgreich für die Industrie. Die Erfindung des Tampons, darauf besteht er, wird in seinem Kunstkatalog gelistet. 1958 nimmt George Brecht an John Cages Unterricht teil und verbindet in der Folge Musik und Visuelles, reibt seine Geige mit Zitronenöl ein, verschüttet lautstark Wasser und schickt seine „Partituren“ um die Welt, die in Köln im Atelier von Mary Bauermeister aufgeführt werden. In seiner ersten Einzelausstellung in New York 1959 zeigt er mit „The Case (Suit Case)“ eines der ersten „Event-Objekte“, mit denen er in den 1960er und 1970er Jahren bekannt wird. Sie enthalten Alltagsgegenstände, die der Betrachter entnehmen und benutzen soll, um anschließend den Koffer wieder zu füllen.
Die schöne Retrospektive, die ihm das Museum Ludwig vor drei Jahren einrichtete, stellte die „Event-Objekte“ in den Mittelpunkt, wohl wissend, dass nicht das „wirkliche“ Werk George Brechts ausgestellt werden kann, das im Ereignis und der Erfahrung gründet, sondern eine tote, musealisierte Fassung, die keinen Austausch mehr erlaubt. Die Schau verzauberte trotzdem, mehr als das, strich sie die Bedeutung von George Brecht für die Kunstgeschichte heraus: Er hat Marcel Duchamps zufällig gefundenen Objekten, den Readymades wie Urinoir und Flaschentrockner Beine gemacht. Georges Maciunas, merkte an, dass George Brecht „eine Menge Anerkennung dafür verdient habe, dass er das Readymade ins Reich der Aktion erweitert“ und damit ebenso in der Zeit wie im Raum verankert hat.
Fluxus fließt, zwischen Kunst und Leben, und George Brecht schwingt immer mit. Sein ihm vorangegangener Kollege George Maciunas bewies dies gerne mit dem Hinweis auf ein Stück von ihm, in dem er ein Licht an- und wieder ausschaltete: „Nun, Sie machen das jeden Tag, richtig? Ohne es zu wissen, führen Sie einen George Brecht auf.“ Kaum etwas vermag den großzügigen Menschen und Künstler George Brecht besser charakterisieren, als dass jeder, wenn er will, heute an ihn denken kann, einfach, indem er einmal den Lichtschalter umlegt.
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